Design-Juwel im Olivenhain
Unser Roadtrip führt uns durch den Alentejo (Portugiesisch für „jenseits des Tejo“), eine noch fast unberührte Region Portugals südlich von Lissabon. Unser erster Stopp: die kleine Stadt Arraiolos. Wir übernachten in der Villa Extramuros, die etwas außerhalb in einem mit Korkeichen und alten Olivenbäumen bestandenen großen Areal liegt. Der Kontrast zu der sanft gewellten Hügellandschaft, den erdigen Farben und den mittelalterlichen Burgen dieser Gegend könnte nicht größer sein: Weiß, klar und kantig begrüßt uns die Villa.
Wir klingeln an der großen Korktür. Unser Gastgeber François, ein distinguierter polyglotter Franzose, empfängt uns mit einem liebenswürdigen Lächeln und bittet uns hinein in die bunte Designwelt der Villa. Das gekonnt kombinierte Interieur und die farbigen Accessoires im Inneren bilden einen dekorativen Kontrapunkt zum strengen Äußeren der strahlend weißen Villa. Altes mischt sich mit Neuem, Arbeiten lokaler Künstler stehen Seite an Seite mit Objekten von Designgrößen wie Konstantin Grcic, Jean Prouvé, Joe Colombo, Charlotte Perriand oder Pierre Paulin. Der coole Sessel des australischen Designers Marc Newson ist mein Favorit. Ich bin beeindruckt von der Glasvasen-Sammlung hinter dem Empfang, die nach Farben sortiert ist.
Jean-Christophe, der Partner von François, serviert uns erst einmal hausgemachte Limettenlimonade. Anschließend zeigt uns François die zweigeschossige Villa. Im unteren Bereich gruppieren sich um den Patio die allgemein zugänglichen Bereiche – liebevoll dekorierte, mit feinem Geschmack ausgestattete Räume. Alle haben große Glasschiebetüren, die sich zum Innenhof öffnen lassen. Es gibt eine Art Bibliothek (obwohl sich in allen Räumen auf Coffee Tables arrangierte Bücher finden), einen Frühstücksraum (hier fällt mein Blick auf den Tisch und die Tulip Stühle von Walter Knoll) und mehrere Terrassen.
Im oberen Bereich der Villa befinden sich die fünf Gästezimmer der Villa Extramuros. Jedes von ihnen ist individuell möbliert und hat eine eigene Terrasse. 2017 kamen zwei – im Olivenhain versteckte – Cabanas hinzu. Die kleinen Häuschen bieten Platz für mehrere Personen und haben eine eigene Kochnische. Auch das Interieur der Cabanas ist im hippen 60er-Jahre-Style gehalten.
Bilderrahmen mit Aussicht
Über eine Außentreppe im Patio gelangt man in den zweiten Stock. Durch eine große Korktür betreten wir die Terrasse unseres Zimmers. Unsere Aussicht: der Infinity-Pool und der endlose Korkeichen- und Olivenhain. Man blickt durch die Architektur der Villa wie durch einen Bilderrahmen auf die Landschaft. Auch im Zimmer finden sich die drei Materialien Beton, Kork und Marmor wieder. Gewebte Wollteppiche mit roten Akzenten dämpfen die Kühle des Betonbodens. Überhaupt taucht die Farbe Rot als Kontrast im ganzen Haus immer wieder auf.
2012 wurde die Villa Extramuros fertiggestellt und dient seither als, ja – als was eigentlich? Als Hotel würde ich das Haus nicht bezeichnen, auch Boutique-Hotel trifft es nicht. Man fühlt sich tatsächlich eher, als sei man in einem großen Privathaus zu Gast. Was nicht zuletzt auch an den Besitzern und dem Personal liegt. Man ist umgeben von Design, Kunst, Geschmack und einer unaufdringlichen Gastfreundschaft. Und dazu die großartige Natur. Im Olivenhain zwitschern die Vögel, und Fuchs, Hase und Dachs sagen sich gute Nacht.
Großartige Landschaft, fabelhafte Aktivitäten
Man kann bei François und Jean-Christophe das ganze Jahr über zu Gast sein, nur im Januar ist geschlossen. Vor allem im Herbst bietet es sich an, die Gegend zu erkunden, denn im Sommer lassen die heißen Temperaturen außer gepflegtem Nichtstun oft keine weiteren Unternehmungen zu. Auf schönen Wanderungen kann man den Alentejo entdecken, für Weinliebhaber gibt es in der nahen Umgebung viele Weingüter mit sehr guten portugiesischen Weinen. Sportbegeisterte können im nahe gelegenen Stausee prima schwimmen, mit dem Kanu paddeln oder Wasserski fahren. Den Atlantik erreicht man in einer guten Stunde mit dem Auto. An die kilometerlangen weißen Strände des Alentejo kommen vor allem Einheimische, Individualtouristen und natürlich Windsurfer. Aber auch der Frühling ist reizvoll: Die Landschaft verwandelt sich in ein Blütenmeer und die Temperaturen sind angenehm.
Kuscheln unter dem Sternenhimmel
François rät uns, den Nachmittag am Pool ausklingen zu lassen. Gesagt, getan. Wir packen den schon bereitstehenden großen französischen Strohkorb mit den Poolhandtüchern und lassen uns stilvoll unter dem Sonnenschirm nieder.
Wieder zurück in der Villa, öffne ich gleich die große Glasschiebetür, um die Nachtgeräusche hereinzulassen. So hat man fast das Gefühl, als würde man draußen schlafen. Wir kuscheln uns auf der Terrasse in den großen Lazyboy-Liegesack, schauen in den Sternenhimmel und warten auf Sternschnuppen. Dann schlafen wir ausgezeichnet in dem großen Doppelbett. Sogar die Kissenhöhe stimmt.
Am Morgen begegnet mir im Badezimmer auf dem Seifenspender ein Aphorismus von Richard Buckminster Fuller: „There is nothing in a caterpillar that tells you it’s going to be a butterfly.“ Ich begebe mich unter die große Regendusche. Vielleicht liegt es an den wunderbaren Aesop-Produkten, dass ich mich hinterher luftig-leicht wie ein Schmetterling fühle.
Ein weiteres Highlight wartet bereits auf uns – das Frühstück. Kellner Carlos erfüllt uns alle Wünsche und serviert köstliche hausgemachte Marmeladen mit Toast, frischen Ziegenkäse, feinen Joghurt mit Früchten, Bio-Eier und Obst. Natürlich darf ein landestypisches süßes Pastetchen zum Abschluss nicht fehlen.
Die Villa Extramuros war das Ende einer langen Suche von François und Jean-Christophe. Auf ihren Reisen haben sie viele Hotels kennengelernt und sich immer gefragt, wie sie selbst am liebsten willkommen geheißen würden. In ihrer eigenen Villa in der herrlichen Landschaft des Alentejo sind sie nun angekommen. Ihr Konzept des Gastgebens ist zu 100 Prozent gelungen. Ich komme auf jeden Fall gerne wieder!